Caroline- Teil 6

Das Abendessen nehme ich ausnahmsweise einmal vor dem Fernseher ein. Dann wird ganz schnell der Abwasch erledigt und der restliche Abend vergeht mit Lesen. Außerdem schaue ich mir auf WDR 3 eine gut gemachte wissenschaftliche Sendung an. Gegen 22 Uhr falle ich nach dem Abschminken ins Bett. Einige Seiten lese ich noch, dann ist Feierabend.

Ich erwache recht früh und erinnere mich detailgetreu an meinen letzten Traum. Vor einer S-Bahn Station leistete ich als Frau gekleidet einer alten Dame mit Herzinfarkt Erste Hilfe. Dabei war das alles so real, dass mir noch nachträglich richtig schwummerig wird. Die in den Traum erfolgreich angewandte Atemspende und Herzdruckmassage habe ich vor wenigen Wochen erst auf einem Auffrischungslehrgang trainiert und nun träume ich davon; schon irgendwie komisch.

Nach einer ausgiebigen heißen Dusche schieben sich jedoch andere Dinge wieder in den Vordergrund. Was kann ich heute unternehmen? Und was ziehe ich dazu an?

Zunächst jedoch steht eine sehr gründliche Rasur auf dem Plan und hinterher ziehe ich meinen Morgenmantel über und bringe den Ofen zum Brennen. Dann lege ich meinen dunkelblauen Rock mit einer weißen Bluse bereit und als Alternative den Glencheckrock mit dem eingewebten rosa Faden. Dazu passt entweder die altrosa Blusenjacke mit dazu gehörigem Top oder auch das weiche helle Shirt mit den zarten schwarzen und rosa Blüten darauf.

Doch zunächst kommt das Untendrunter dran. Natürlich, wie könnte es anders sein, eines meiner Korseletts. Als alles perfekt sitzt und meine Brüste fest gehalten sind, suche ich die Strümpfe heraus. Die drei Paare, die am Vortag noch den Nachbarn verwirrt haben, liegen auf einem Hocker. Die diamantfarbenen vom Vortag, abends gewaschen und über Nacht getrocknet, habe ich aus dem Bad mitgebracht. Sie passen recht gut zu dem Glencheckrock der von weitem mit seinem schwarz-weißen Muster wie grau aussieht. Einfache schlichte Hautfarbene passen ebenfalls, aber auch zum blauen Rock. Die nehme ich und schon passiert das erste Missgeschick des Tages: Kaum habe ich den ersten Strumpf langsam und genussvoll mein Bein hinauf gestreift und festgeclipst, da spüre ich dieses ekelhafte Gefühl, das eine Laufmasche hervorruft, die sich vom kleinen Zeh her über den Knöchel hinweg mein Bein hinauf arbeitet. Schluss, aus! Der Strumpf fliegt in die Ecke! Sein Pendant landet im Schrank bei den anderen Strümpfen. Da lässt sich ja immer noch ein Paar draus machen, denn das ist einer der unbestreitbaren Vorteile von Damenstrümpfen. Frau braucht nur einen anderen Strumpf gleicher Farbe um wieder ein komplettes Paar zu haben. Ein auch finanziell nicht zu unterschätzender Vorteil. Da ich sowieso die Strümpfe eines einzigen Herstellers bevorzuge, habe ich auf diese Weise immer wieder schnell ein neues „altes“ Paar beisammen.

Jetzt nehme ich aber die leicht grauen Nylons her, die auch zur Auswahl standen. Mit schnellem, weil mittlerweile ja auch täglich geübtem Fingerspiel, raffe ich den glatten, festen und transparenten Strumpf. Behutsam und es vorsichtig stramm haltend, ziehe ich das seidige Gewebe mein Bein hinauf. Straff, glatt, seidig und doch sehr transparent, umhüllt er mein Bein. Genauso, wie ich es so gerne mag. Dieses irre Gefühl konnte mir bisher kaum eine Strumpfhose geben. Der zweite Strumpf folgt sofort und spätestens jetzt ist es klar, dass ich heute den schmal geschnittenen Glencheckrock anziehen werde, denn ein feiner seidiger grauer Schimmer ziert meine Beine. Aber zuerst noch schnell einen Slip überziehen, der weich, glatt und seidig das verhüllt, was mich von anderen Frauen so unterscheidet. Der Rock mit seinem schmalen Bund und dem Gürtel sitzt sofort. Er reicht im Stehen bis eben über meine Knie, eine feminin und fraulich anzusehende Länge. Das weiche Shirt fällt anschließend locker über meinem Busen und umschmeichelt die Taille. Schnell schlüpfe ich in meine Pantoffeln, setze vorsichtig meine Perücke auf und gehe hinüber ins Wohnzimmer. Der Frühstückstisch ist schnell gedeckt und wenig später genieße ich Toast, Konfitüre und Kaffee. Im Fernseher läuft eines der Journale aus dem Vorabendprogramm der Dritten und ich genieße es geradezu, am Vormittag einmal fern zu sehen.

Dann, als das Geschirr abgewaschen ist und der Tisch sauber ist, gehe ich hinüber ins Bad, um mich zu schminken. Dank meiner zunehmenden Übung klappt das auch heute morgen wieder recht gut. Nur mit der Wimperntusche rutsche ich aus und muss mit einem Wattestäbchen die Bescherung vorsichtig wieder vom Lid entfernen. Aber nach einer knappen halben Stunde strahlt mir aus dem Spiegel wieder Carolines Gesicht entgegen. Im Schlafzimmer suche ich den Schmuck heraus, der zu meinem heutigen Outfit passt.

Besonders gut gefällt mir die Kette mit den dicken rosa Kugeln. Dazu habe ich auch beinahe passende Ohrclips. Die Uhr mit dem grauen Armband passt ebenfalls gut. Sie zeigt 10:45 Uhr, als ich mit meiner grauen Wolljacke versehen dann fertig bin.

Heute soll es nach Struer gehen. Da war ich seinerzeit zusammen mit meiner Frau auch mal und wenn mich nicht alles täuscht, gibt es dort einige nette Geschäfte, die Caroline bestimmt sehr interessieren werden.

Schnell packe ich meine Handtasche mit den benötigten Sachen. Das Paar Ersatzstrümpfe nehme ich von Hocker aus dem Schlafzimmer. Sie sind ganz zart hellbraun und wie gehabt sehr transparent. Strümpfe wie diese passen eigentlich zu fast allem, was ich an Klamotten mitgenommen habe, denn meine Beine haben darin eine ganz leicht gebräunte natürliche Farbe. Fünf vor elf bin ich abmarschbereit und ohne weiter zu überlegen schlüpfe ich in die herrlich bequemen altrosa Wildlederpumps und trete hinaus vor die Tür.

Ein paar Meter auf dem Bohlenweg ums Haus herum, einige kurze schnelle Schritte durchs Gras und ganz selbstverständlich schließe ich das Auto auf und lasse mich hinein gleiten. Weder der glotzende Nachbar, noch seine Jogginganzug-Frau sind zu sehen! Schade eigentlich, denn so ganz langsam beginne ich Gefallen daran zu finden, den beiden etwas Gesprächsstoff zu liefern.

Über Ramme und Lomborg fahre ich nach Rom. Dann die Abkürzung über Fabjerg, denn so brauche ich nicht erst nach Lemvig hinein. Eine knappe Viertelstunde später brause ich mit den erlaubten 70 km/h durch Paris. Keine 15 Sekunden dauert das, dann habe ich die wenigen Häuser hinter mir.

Wer sich jetzt wundert, wundert sich zu Recht. Aber hier oben in Westjütland gibt es wirklich ein Rom, das mit seinen wenigen Häusern kurz vor Lemvig liegt und sogar eine Kirche und einen eigenen Flugplatz hat. Einige Kilometer weiter östlich, liegt kurz hinter Gudum eine winzige Ansiedlung, die sich weltstädtisch Paris nennt. Vielleicht 20 Häuser, eine einzige Straße und auch zu Fuß bestimmt in einer guten Minute zu durchqueren.

Wenig später bin ich dann in Struer. Die Sonne ist heraus gekommen und ich möchte nachher möglichst nicht in einem Backofen zurück fahren, weswegen ich auf dem großen Parkplatz eine schattige Stelle suche. Nachdem ich meine Handtasche noch einmal überprüft habe und auch noch schnell das Gesicht gepudert und die Lippen nachgezogen habe, steige ich schließlich aus. Eigentlich kann mir ja nichts passieren und meine Scheu vor den vielen Menschen habe ich glücklicherweise inzwischen ein bisschen abgebaut. Schließlich ging ja auch an den anderen Tagen so ziemlich alles glatt. Trotzdem verursacht es mir jedes Mal wieder ein bisschen Herzklopfen, aus dem Auto zu steigen und sich unter die vielen fremden Menschen zu begeben.

Langsam schlendere ich zur Fußgängerzone hinüber. Ganz am Ende liegt, gegenüber, halb in den hier erhöhten Bahndamm eingelassen, ein lang gezogenes Damenmodegeschäft. Ich inspiziere die Schaufenster und sehe einige nette Sachen. Soll ich hinein gehen und mal genauer schauen? Der Rock im Ethnolook sieht schick aus und die Länge und der schmale Schnitt gefallen mir auch. Ich trete ein und werde sogleich freundlich begrüßt. Die junge Verkäuferin hat noch zwei weitere Kundinnen und so kann ich erst einmal in Ruhe suchen. Schnell habe ich den Rock in meiner Größe gefunden und gehe hinüber zu den Kabinen. Ohne meine an den anderen Tagen noch vorhandene Angst, jemand könnte mitbekommen, dass ich echte Strümpfe unterm Rock trage, ziehe ich meinen Glencheckrock aus und den im braunen Ethnodesign an. Er sitzt gut, die Länge stimmt auch und schön weich fließend, aber eng, umschmeichelt der samtige Stoff meine Beine. Nur mein Shirt in weiß, mit schwarzen und rosafarbenen Blüten passt überhaupt nicht dazu! Ich lasse meine Jacke und den Rock in der Kabine, wende mich einem Ständer zu und werde schnell fündig. Ein hellbraunes Shirt, dessen Farbton sich im Muster vom Rock wieder findet, hat es mir angetan. Es zeigt sich, dass es um die Schultern herum und über meinem Busen leider ein wenig spannt, und eine Nummer größer ist nicht da. Schade. Jedoch eine Bluse in einem fast identischen Braun hält mir die aufmerksame Verkäuferin hin. Ich ziehe das braune Shirt behutsam wieder aus und probiere die Bluse. Die sitzt super. Der Preis der Sachen geht auch in Ordnung, ich nehme beides.

Wieder in meinem Rock und Shirt zahle ich schließlich und trete wenig später hinaus ins Freie. Durch die Fußgängerzone geht es weiter und zwei Läden mit Damenmoden suche ich noch auf. Aber beide sind nicht so richtig etwas für mich. Die Sachen zu sehr auf den letzten Schrei hin ausgerichtet und auch viel zu teuer. Der nächste hat hauptsächlich etwas für junge Frauen und Mädchen, Girliemode eben, nichts für mich.

Dann, schon fast am Ende der Fußgängerzone, kommt der für eigentlich alle dänischen Städtchen obligatorische Rotkreuz-Laden. Oder besser die Second-Hand-Boutique. Hier ist alles immer frisch gereinigt oder gewaschen. Gut sortiert und hell und freundlich sind diese Läden auch. Dazu meistens von älteren Damen ehrenamtlich geführt, welche nach meinen bisherigen Erfahrungen sehr nett sind.

Im Fenster sehe ich ein dunkelblaues Kostüm. Kostüme mag ich unheimlich gern leiden, aber ob ich so etwas überhaupt tragen kann? Doch zuerst muss ich erst einmal wissen, welche Größe das Teil überhaupt hat. Da hilft es alles nichts, da muss ich in den Laden hinein und nachschauen oder fragen.

Kaum drinnen kommt eine der Damen, die in diesen Geschäft arbeiten, auf mich zu geeilt. Sie fragt mich, mit was sie mir dienen kann und meine leise Antwort verrät ihr sofort zweierlei. Ich bin keine biologische Frau und ich komme aus Tyskland. Beides scheint ihr überhaupt nichts auszumachen. Ihr Deutsch ist ausgezeichnet und darüber, dass mein Aussehen und mein Chromosomensatz nicht kompatibel zueinander sind, zuckt sie nicht einmal mit der Wimper.

Das Kostüm hat leider nur Größe 38, zu klein für mich, aber ich schaue mich in dem gepflegten Laden trotzdem noch einmal um. Eine schwarz-weiß gemusterte Jacke zieht meinen Blick auf sich. Einfacher dünner leinenähnlicher Stoff, ungefüttert, aber sie hat Größe 44/46, also doch ein bisschen groß. Trotzdem ziehe ich sie einmal über und stelle fest, dass man sich auf die Größenangaben offensichtlich längst nicht immer verlassen kann. Die Jacke passt! Dank der Südeuropäer, die ja wohl in der Mehrzahl ein wenig kleiner sind, haben die Eurogrößen offensichtlich keine direkte Aussagenkraft mehr. Ich nehme die Jacke jedenfalls, zumal sie nur lächerliche 150 Kronen kostet.

Der schwarze Rock, der sich einzeln aufgehängt am Ständer daneben anbietet, sieht mit seinem doppelten Volantsaum auch sehr viel versprechend aus. Größe 40 und ein Stück an der Rückseite mit Gummizug - den probiere ich doch auch noch an. Zusammen mit einer weißen Bluse und der Jacke wäre ich damit mal wieder perfekt gekleidet. Doch als ich in der Kabine endlich den Knopf und Reißverschluss zu habe, bleibt mir ein bisschen die Luft weg. Das Ding ist schlichtweg zu klein. Schade, aber nicht zu ändern und schwarze Röcke habe ich ja auch bereits. Als ich wieder in meinen Rock steige, merke ich das mein Slip rutscht. Das ist noch nie vorgekommen, und ich zerre ihn wieder hinauf. Es scheint, dass der Gummi irgendwie lose ist. Das muss ich im Ferienhaus mal genauer prüfen. Die Jacke jedoch nehme ich und stehe wenig später wieder draußen in der Fußgängerzone.

Langsam bummele ich die Straße zurück, als ich spüre, wie sich ganz langsam mein Slip nach unten bewegt. Im ersten Moment kann ich das kaum glauben. Ich stehe hier in der Fußgängerzone einer dänischen Kleinstadt und mein Slip beginnt unter dem Rock herab zu rutschen. Fast bekomme ich Panik! Was soll ich denn jetzt machen, hier in der belebten Passage? Verzweifelt presse ich meine Handtasche an die Hüfte und versuche möglichst unauffällig, den Slip durch den Rock hindurch am Weiterrutschen zu hindern. Irgendwie muss ich so bis zum Auto kommen. Doch es nützt nichts. Unaufhaltsam rutscht das seidige Wäschestück tiefer. Da ist ja auch nicht viel, was sich bremsend in den Weg stellen könnte. Das Korselett ist wie der Slip sehr glatt und nichts scheint den Weg nach unten zu stoppen. Weil ich prinzipiell das Höschen über den Strumpfhaltern trage, um auf der Toilette keine riesige Ausziehaktion veranstalten zu müssen, werde ich über kurz oder lang bald unten ohne dastehen. Ausgerechnet hier ist auch kein Laden, in dem ich nur mal so hineinschauen könnte, um die Toilette aufzusuchen. Oder ein Klamottengeschäft mit seinen Umkleidekabinen. Die Rot-Kreuz-Boutique liegt schon ein gutes Stück hinter mir. Der nächste Laden, der in Frage käme noch etliche zig Meter weit entfernt und bis zu den Toiletten unter dem Rathaus schaffe ich es auf keinen Fall mehr. Aber vielleicht reicht ja das Gummi an den Beinausschnitten? Wenn sich das an einem der Strumpfhalter verhakt, denke ich noch... - doch da rutscht es schon darüber hinweg.

Die Rettung zeigt sich in Form eines Tordurchgangs zwischen zwei Häusern, der zum Touristbüro am Hafen führt. Ich schaffe es gerade noch ein Stück in den dämmrigen Tunnel hinein und versuche noch einmal verzweifelt, durch den Rock hindurch, irgendwie den Slip wieder hoch zu ziehen. Vergebens. Resigniert bleibe ich stehen und lasse der Schwerkraft ihren Lauf. Einige leichte Bewegungen meiner Oberschenkel genügen und der unschuldig weiße Slip hängt auf Höhe meiner Knie. Ein kurzer Rundumblick,......... keine Menschenseele zu sehen. Ein paar weitere Beinbewegungen und das marode Teil liegt wie eine weiße Acht um meine Knöchel. Schnell steige ich heraus, hocke mich mit sittsam geschlossenen Knien hin, nehme das blöde Ding hoch und lasse es in meiner Einkaufstüte verschwinden.

Das Gefühl, jetzt ohne Slip unterm Rock hier zu stehen, ist überwältigend! Allerdings überwältigend scheußlich. Es zieht kalt, doch es hilft alles nichts ich muss zurück zum Auto und auf dem Weg dahin noch irgendwo einen neuen Slip kaufen. Was, wenn jetzt jemand bemerkt, was ich hier treibe? Ein als Frau gekleideter Mann, dessen Geschlechtsteile bei jedem Schritt unter dem Rock frei im herbstlich kühlen Wind umher schaukeln. Egal, da muss ich durch und schließlich hat ja auch Paris Hilton manchmal nichts unter ihrem Rock an und da schaut die halbe Welt zu. Vorsichtig und mit kleinen, schmalen Schritten mache ich mich auf den Rückweg zum Auto. Bei dem kleinen Wäscheladen, den ich auf dem Hinweg ignoriert habe, finde ich draußen auf dem Grabbeltisch ein Fünferpack Damenhöschen und kaufe sie spontan. Aber mit Anziehen ist hier nix, keine einzige Kabine in dem Laden. Zurück zu den Toiletten will ich auch nicht, wer weiß, wie sauber die sind. So bleibt mir nichts übrig als das letzte Stück bis zum Parkplatz durchzuhalten. Ganz langsam beginne ich mich an das Gefühl der Freiheit zu gewöhnen. Aber auf Dauer ist das nichts für mich! Obwohl die Frauen in früheren Zeiten immer ohne Höschen unter den Röcken gingen. Mir ist es entschieden zu zugig unterm Rock.

Am Auto angekommen verfrachte ich zuerst meine Einkäufe in den Kofferraum. Anschließend versuche ich auf dem Fahrersitz hockend, unter dem engen Rock einen Slip anzuziehen. Es klappt nicht! Ich müsste schon den Rocksaum bis fast zum Gürtel hoch ziehen um den Slip an Ort und Stelle zu bekommen. Aber hier sind mir entschieden zu viele Menschen um mich herum und so beschließe ich erst einmal ein Stück weit zu fahren, um mich irgendwo an der Straße auf einem Parkplatz wieder komplett anzukleiden. So zerre ich den Rocksaum wieder herunter, lasse den Motor an und fahre los.

Erst als ich schon ein Stück weit bin, bemerke ich, dass ich die Stadt in der falschen Richtung verlassen habe. Mensch, Mensch, Mensch, kaum fahre ich als Frau, verlässt mich die Orientierung. Gut, dass war jetzt wirklich mies. Hoffentlich ist nur mein sliploser Zustand und die damit verbundene Aufregung dafür verantwortlich, dass ich offensichtlich nicht mehr ganz klar denken kann. Aber auf dieser Straße komme ich direkt nach Holstebro und könnte auch gut von dort aus nach Trans zurück fahren.

Wenig später kommt ein Parkplatz in Sicht. Er ist leer und kurz entschlossen halte ich an. "Jetzt aber ganz schnell Caroline!", ermahne ich mich, bevor jemand kommt. Die Pumps abstreifen, den Rücken durchdrücken und den Rocksaum ganz hoch ziehen, ist eine einzige fließende Bewegung. Nun tief hinunter tauchen und mit den Füßen in den Slip steigen, das enge Ding hinauf bis an die Sitzkante ziehen, das Kreuz wieder weit durchbiegen und das Höschen bis zur Hüfte hochziehen. Geschafft! Ich lasse mich zurück auf den Sitz plumpsen und angele nach den Schuhen im Fußraum. Nach wenigen Sekunden habe ich sie, schlüpfe hinein, richte mich wieder auf und erstarre. Neben mir steht ein Kleinbus, oder Transporter und der Fahrer stiert ungeniert zu mir herunter. Genau auf die bestimmt deutlich sichtbaren Randverstärkungen meiner Strümpfe und die straff gespannten Halter, denn ich habe den Rock noch nicht wieder herunter gezogen. Hastig hole ich das jetzt nach, aber dazu muss ich noch einmal mit dem Po vom Sitz hoch und präsentiere damit dem Kerl quasi noch einmal meine Nylons. Er hupt, grinst ausverschämt und reckt seinen Daumen nach oben. Mehr sehe ich nicht mehr, denn fluchtartig verlasse ich den Parkplatz.

Nach diesem Vorfall will ich eigentlich nur noch nach Hause, aber kurz vor Holstebro habe ich mich wieder entspannt. Eigentlich kann heute nichts Schlimmes mehr passieren. Die kleinen Katastrophen des Alltags liegen hinter mir. Der Kerl wird sich bestimmt bei seinen Kollegen damit brüsten, dass er eine blöde deutsche Touristin in Strapsen gesehen hat. Na und? Soll er doch. Wenn das alles ist, damit kann ich doch leben. Ich stelle mein Auto am Schwimmbad ab und steige aus. Es ist wieder kühler geworden und so lege ich mir die Wolljacke locker über die Schultern als ich losgehe. Auf dem Platz am St. Georgs Brunnen bin ich schon sehr viel lockerer und betrete das große Modegeschäft. Einige Röcke und Blusen interessieren mich, aber eigentlich brauche ich nichts und so gehe ich hinaus und weiter die schmale Strasse hinauf.

Überall sehe ich jetzt Modegeschäfte. Waren die schon immer hier? Ich kann mich nicht erinnern, aber meine Ex hat hier auch schon etwas gekauft, das weiß ich noch. Vielleicht ist es auch nur so, dass ich jetzt diese Kleinstädte mit anderen Augen sehe. Ein klein wenig wie eine Frau denkend und fühlend sieht alles wohl doch irgendwie anders aus. Viel mehr Klamotten und Schuhläden sehe ich jetzt. Bei dem großen Schuhgeschäft kurz vor dem Nörreport-Center werde ich fast schwach. Ein sehr bequem aussehender schwarzer Wildleder-Pumps mit etwa 5 cm hohem Absatz hat es mir angetan. Der Schuh passt gut, ist nicht zu hoch und kneift und drückt nirgends. Aber ich habe wirklich fürs erste genug Schuhe. So stelle ich ihn zurück und gehe hinüber zum Center. Drinnen bummele ich durch bis zu H&M, schaue mir einiges an, kaufe aber nichts. Einmal muss Schluss sein! Nur eine Tasse Kaffee und ein Stückchen des süßen dänischen Gebäcks gönne ich mir in dem kleinen Cafe.

Kaum jemand beachtet mich offensichtlich, und eine Viertelstunde später schlendere ich zurück zum Auto. Auch hier kaum ein staunender Blick, oder gar Schlimmeres. Habe ich mir die deutliche Aufmerksamkeit der ersten Tage nur eingebildet? Na ja, einige der älteren Männer, die am Brunnen auf den Bänken sitzen, gucken schon genauer hin, als ich vorbei gehe. Das kann ich ganz gut im Spiegelbild der Schaufenster gegenüber erkennen. Doch im Gegensatz zu den Begegnungen der ersten Tage bereitet mir das inzwischen keine komischen Gefühle mehr.

Dann bin ich zurück am Schwimmbad, lasse die Handtasche und die Jacke auf den Beifahrersitz fallen und steige in das inzwischen unangenehm heiße Auto. Bei offenen Fenstern kühlt es jedoch recht schnell ab und wenig später liegt Holstebro hinter mir.

Auf der langen Geraden Richtung Linde gebe ich Gas, bin schnell deutlich über den erlaubten 80 km/h. Aber die anderen fahren ebenso schnell und ich lasse mich mitziehen. Ich genieße es, die Landschaft an mir vorüber gleiten zu sehen bis ich im Rückspiegel ein Motorrad erblicke. Und es ist ein Polizei-Krad, das da hinter mir angerauscht kommt. Instinktiv gehe ich vom Gas, will schon bremsen, aber das würde der sehen, also vorsichtig verzögern. So schnell wie der fährt, kann er meine Geschwindigkeit unmöglich abschätzen.

Mit exakt 80 bummele ich nun dahin. Die vor mir fahrenden Autos verschwinden derweil hinter den Hügeln, aber ich bekomme schon wieder Fracksausen! Was will der Kerl da hinter mir? Bin ich denn als Ausländerin hier immer im Fokus? Schon einmal hat mich doch vor erst ein paar Tagen auf dieser Strecke das Polizeiauto überholt. Schnell greife ich mit zitternden Fingern zum Lichtschalter, aber der steht auf II, Fahrlicht. Oder ist eventuell eine Birne kaputt?

Kurz vor der Ortschaft Linde überholt mich das Motorrad. Der Polizist schaut zu mir herüber und fährt dann knapp vor mir in den Kreisverkehr ein. Ich folge, was soll ich denn auch schon anderes machen. Als ich auf der gegenüber liegenden Seite wieder heraus fahre, ist das Krad verschwunden. Hat er die nächste Ausfahrt genommen? An den anderen beiden Strassen war er jedenfalls nirgends zu sehen. Kaum bin ich ein Stück im Ort, sehe ich mit Erschrecken, dass er wieder hinter mir fährt. Der Kerl ist offensichtlich einmal ganz um den Kreisel herum gefahren und ich konnte ihn wegen der dichten Büsche in der Mitte nicht sehen. Mit ganz genau 50 fahre ich nun weiter und er immer dicht hinter mir. Nach dem Ort ist noch ein Stück nur 60 erlaubt und die halte ich auch genau ein. Dann wieder freie Fahrt, aber eben nur mit 80 und er bleibt hinter mir. Ich werde kribbelig! Was soll das bloß? Bin ich als allein fahrende deutsche Touristin etwas Besonderes? Plötzlich ist er neben mir, schaut, wie es mir scheint, sehr intensiv zu mir ins Auto hinein. Verkrampft lächle ich ihn an, was soll ich sonst auch tun? Doch dann überholt er mich und brettert davon.

An einer kleinen Seitenstraße biegt er rechts ab und ist, als ich die Einmündung passiere, schon nicht mehr zu sehen. Erleichtert atme ich auf, entspanne mich wieder. Wenige Sekunden später packt mich dann allerdings die Wut! Das Polizei-Krad ist wieder hinter mir. Klebt praktisch an meiner Stoßstange. Wenn ich jetzt unverhofft bremsen muss, knallt der mir hinten drauf. Der blöde Bulle muss an der Nebenstraße hinter den Büschen versteckt gewartet haben. Ich fahre nun wieder ganz genau die Höchstgeschwindigkeit und versuche, ganz cool zu bleiben. Soll er doch spielen. Ich spiele mit! ich halte mich an die Regeln und gebe ihm einfach keinen Grund, einzugreifen. Auf der langen Geraden durch Klosterheede Plantage bleibt er nun immer dicht hinter mir. Hinter der schwachen Kurve, etwa in der Mitte der kilometerlangen geraden Strecke, kommt auf einem kleinen Seitenweg ein Lieferwagen heran geschossen. Noch vor mir biegt er ein und wird dann zusehends kleiner. Das scheint auch der Polizist erkannt zu haben, er überholt und gibt mächtig Gas. Ich zuckel schön weiter vor mich hin. Lasse die eiligen Fahrer überholen und denke mir meinen Teil.

Am Ende der langen Geraden, beim Gasthaus, steht der weiße Lieferwagen. Davor das Motorrad mit zuckendem Blaulicht, der Polizist und ein Mann mit hochrotem Kopf. Den hat’s erwischt, gut so. Als ich vorüber rolle und mich gleich wieder links einordne, um nach Lomborg hin abzubiegen, schaut der Polizist zu mir hinüber. Er winkt mir zu, lächelt freundlich und wendet sich wieder dem Transporterfahrer zu.

Ich bin ehrlich erleichtert. Er hat also wohl einfach nur ein bisschen flirten wollen. Die junge Dame kam ihm vielleicht auch ein wenig komisch vor, denn die Feriengäste fahren sonst wohl eher zu zweit, oder mit Kindern im Auto umher. Aber einer allein fahrenden Frau kann man ja schnell mal ein bisschen Angst machen. Wütend auf mich selbst, muss ich mir eingestehen, dass ihm das sogar gelungen ist.

Trotzdem fahre ich ziemlich erleichtert weiter, denn gleich werde ich wieder in meinem gemütlichen Ferienhäuschen sein. Doch der Tag hält eine weitere Prüfung für mich bereit. An der engen und unübersichtlichen S-Kurve, auf halber Strecke hinüber nach Lomborg, steht plötzlich eine Kuhherde auf der Straße. Gut, vorher warnt ein Schild, -KREATUR PASSAGE- und eine Kuh ist darauf abgebildet, aber bisher habe ich hier noch nie Tiere gesehen. Diesmal überschwemmen sie, von der riesigen Wiese auf der linken Seite kommend, geradezu die Straße. Vor mir, neben mir, hinter mir, überall braune Kühe. Die eine schiebt sich dicht an meinem Auto vorbei, bringt den Spiegel zum einklappen und erschreckt sich dabei offensichtlich. Die Folge ist ein nervöser gedrehter Rückwärtsschritt und nun habe ich auch noch Kuhschei... am Spiegel. Ich kann ihn nicht einmal wieder ausklappen ohne in die braungrüne Masse zu greifen. Igitt!

Kurz entschlossen fahre ich, als der Spuk vorüber ist und eine freundlich lächelnde blonde Frau auf einem Fahrrad die Kühe zum Hof hinüber getrieben hat, ohne den Spiegel weiter. Wenn mich jetzt bloß nicht noch eine Polizeistreife deswegen anhält. Doch es geht alles glatt und ich erreiche ohne weitere Zwischenfälle mein Häuschen.

Nachdem ich meine Taschen und Tüten hinein gebracht habe, muss ich wohl oder übel den Spiegel sauber machen. Wenn das Zeug antrocknet, kriege ich das nie wieder runter. Mit einem Eimer heißen Wassers und einer Bürste bewaffnet trete ich vor die Tür und bin mit wenigen Schritten am Auto. Glücklicherweise geht die schon angetrocknete Masse relativ leicht wieder ab. So kann ich nach kurzer Zeit den sauberen Spiegel wieder aufklappen und wenigstens dieses Missgeschick ist abgehakt.

Danach sitze ich noch einen Augenblick auf der windgeschützten Terrasse in der warmen Spätsommersonne und denke über die kleinen und großen Katastrophen dieses Tages nach. Zuerst die Laufmasche. Ich hasse Laufmaschen! Ich hasse Laufmaschen etwa so sehr wie ich meine Nylonstrümpfe liebe. Dann die Wimperntusche auf dem Lid. Peanuts! Peanuts gegen die Sache mit dem Slip und das peinliche Gefühl, das sich einstellte, als ich -Unten ohne- durch Struer lief. Danach der blöde Typ der mich auf dem Parkplatz anstierte und meine Strumpfränder sehen konnte. Und dann die Sache mit dem Polizisten. Noch immer weiß ich nicht, was ich falsch gemacht habe, dass er mich so auf dem Kieker hatte. Es wird wohl doch nur so sein, dass ich als gut aussehende Frau sein Interesse geweckt habe. Und zu guter Letzt die Kühe und ihre Hinterlassenschaft an meinem Auto. Hoffentlich wird das morgen wieder besser, sonst brauche ich Erholung vom Urlaub, meinem ersten Urlaub als Frau, sinniere ich. Meinem schönsten Urlaub seit ewigen Zeiten! Carolines Urlaub! Einen Urlaub als Frau, den ich jetzt schon eine ganze Woche lang mache und der mir immer besser gefällt.

Fast selbstverständlich gehe ich jetzt schon hinaus. Ohne lange nachzudenken, was die anderen darüber denken könnten. Mit großer Sicherheit wähle ich meine Garderobe aus, bin stilsicher, welche Farben und Längen mir stehen. Ich habe keine großen Probleme mehr, mein Make up so anzulegen, dass es eben nicht mehr wie aufgeklatscht aussieht, sondern wie das einer zwar kräftig, aber eben nicht übertrieben geschminkten Frau. Das Gehen auf meinen hochhackigen Schuhen ist beinahe selbstverständlich geworden, auch wenn die Zehen nach einem Tag auf Pumps doch deutlich melden, was Frauen so erleiden. Trotzdem, missen möchte ich all das auf gar keinen Fall mehr. Und ich überlege ernsthaft, wie sich mein Spleen Zuhause in mein Alltagsleben integrieren lässt.

Als die Sonne an Kraft verliert, gehe ich hinein und heize den Ofen an. Wenig später erfüllt wohlige Wärme das Haus und ich mache mich daran, das Abendessen zuzubereiten. Meine Gedanken schweifen derweil wieder ab, wie es bei solch einfachen Arbeiten immer wieder geschieht.

Eigentlich war der Tag doch ganz normal, sinniere ich. Eine Laufmasche beim Strümpfe anziehen, das passiert jeder Frau einmal, und mit dem Mascara Bürstchen abzurutschen, ist auch bestimmt keine Katastrophe. Das mit dem Gummi war ärgerlich, ja im ersten Moment schockierend! Aber im Nachhinein auch eine gute Lektion, wie eine Frau sich verhält, wenn ihr so ein Missgeschick widerfährt. Im Übrigen war nicht nur der Gummi an der Taille völlig zerbröselt, sondern auch die am Beinabschluss sind hinüber. Irgendetwas beim Waschen oder Trocknen hat das Material altern und zerbröckeln lassen. Ich erinnere mich auch, dass es beim Anziehen so komisch geknirscht hat und eigentlich hätte ich spätestens da hellhörig werden müssen. Und nach der Anprobe in der Boutique hätte ich das blöde Höschen ja auch noch mit einigen Verrenkungen unter dem Korselett verstauen können. Aber –Hättest- habe ich schon genug und es ist ja noch einmal gut gegangen.

Die Sache mit dem Autofahrer war meine eigene Dummheit. Schließlich hätte ich ja auch den Rocksaum gleich wieder herunter ziehen können, bevor ich nach den Pumps suchte. Also wieder ein -Hätte-! Der Polizist ist inzwischen bei mir abgeschrieben. Der hatte entweder etwas gegen Frauen oder aber sehr viel dafür. Sonst wäre er mir niemals so lange gefolgt. Und Kuhschei... am Spiegel geht schließlich mit Wasser wieder ab.

Alles in Allem ein normaler Tag für eine normale Frau. Ich bin zwar keine normale Frau, aber das wiederum weiß kaum jemand und deshalb lasse ich die Grübelei nun sein und konzentriere mich wieder auf das Wesentliche. Und das ist für die nächsten knapp 2 Wochen das Thema Frausein!

Frausein ist ein schönes Gefühl, jedenfalls für mich. Diese erste Woche, komplett und jederzeit als Frau gekleidet, war im Rückblick herrlich, aufregend und schön. Jetzt gibt’s Abendessen, danach wird abgewaschen und sauber gemacht und dann werde ich den kitschigen Liebesfilm von 1963 anschauen. Allerdings nicht wegen des Themas, sondern wegen der schönen Kleider und Schuhe. Damals waren Frauen noch wie Frauen gekleidet und das sehe ich gerne.

Wenige Minuten nach 8 Uhr bin ich fertig, bekomme noch den Rest der Tagesschau mit und dann kommt im Dritten der Liebesfilm. Herrlich, wie die Damen dort auf höchsten Pumps umher stöckeln, tolle feminine Kleider und Kostüme tragen. Ich kann mich gar nicht satt sehen an diesen Göttinnen. In der einen Szene wird es, jedenfalls für die damalige Zeit, regelrecht frivol. Die junge Dame zieht sich um, während sie mit ihrem Verlobten telefoniert. Dabei ist sie sekundenlang nur in Wäsche zu sehen. BH, Hüfthalter und Nylonstrümpfe, sowie hohe Pumps, mehr hat sie nicht an. Die Handlung des Films ist recht simpel, aber er gefällt mir trotzdem.

Hinterher ist es kurz vor 10 und ich beschließe, ins Bett zu gehen. Abschminken steht aber noch auf dem Plan und meine Perücke muss auch noch versorgt werden, damit ich sie morgen früh gleich fertig frisiert zur Hand habe. Im Bett lese ich noch eine Weile. Dann mache ich das Licht aus und schlafe schnell ein.

Weiter mit Teil 7